Holzbock (Ixodes ricinus)

Ixodes ricinus, der Gemeine Holzbock ist die in Nordwest-Europa häufigste Zeckenspezies. Sie gehört zur Familie der Schildzecken und zu den langrüsseligen Zecken. Ausgewachsene Weibchen sind 3,5 bis 4,5 mm lang. Ihre Beine und ihr Schild sind dunkelbraun wobei ihr Körper eine rötliche Färbung aufweist. Vollgesogen erreichen Weibchen eine Länge von 12-14 mm und der Körper verändert seine Farbe zu graubraun. Der Gemeine Holzbock besitzt ein sehr großes Wirtspektrum. Jedes Zeckenstadium saugt einmal auf einem jeweils anderen Wirt. Trotzdem können alle Stadien dieser Zeckenart gleichzeitig auf einem Wirt vorkommen. Normalerweise parasitieren die Larven und Nymphen auf kleinen Säugetieren, aber auch auf Vögeln und Reptilien. Die adulten Zecken findet man häufiger auf größeren Tieren wie Schafen, Rindern, Rehen und Hunden. Männchen findet man eher selten saugend auf Wirtstieren. Der Gemeine Holzbock kommt in ganz Nordwesteuropa und großen Teilen der westlichen Paläarktis vor. Die südliche Grenze der Ausbreitung ist das Atlasgebirge in Nordafrika. Die Zecke benötigt ein feuchtes Mikrohabitat, was z.B. durch eine dichte Bodenschicht gewährleistet wird. Je dichter die Krautschicht ausgeprägt ist, desto größer ist der Zeckenbefall. Die Zeckenaktivitätsperiode wird aber auch maßgeblich durch Trockenperioden und Verfügbarkeit von Wirten beeinflusst [1,2].

Der Gemeine Holzbock kommt in Deutschland praktisch überall vor, wo es Pflanzen gibt und klettert dort auf eine exponierte Stelle wie einen Grashalm, Gebüsch oder herumliegendes Totholz. Wenn ein potentieller Wirt vorbeikommt, wird sie bei Kontakt abgestreift und hält sich fest. Die meisten Zecken warten in einer Höhe von weniger als einem Meter, häufig sogar nur zwischen 10 bis 50 cm über dem Boden. Der Gemeine Holzbock durchläuft 4 Entwicklungsstadien: Ei, Larve, Nymphe und adulte Zecke. Der Saugakt dauert mehrere Tage (Larve: 2-4 Tage, Nymphe: 3-5 Tage, Adulte: 6-8 Tage). Da sie während dieser Zeit ständig der Gefahr ausgesetzt sind, vom Wirt herausgerissen oder zerbissen zu werden, suchen sie sich dafür eine möglichst geschützte Stelle aus. Beim Menschen stechen Zecken am Kopf (Haaransatz, Ohren), häufig aber auch an anderen geschützten Stellen, z.B. Hals, Achseln, Ellenbeuge, Bauchnabel, Genitalbereich oder Kniekehle. Auch eng anliegende Kleidung wird von der Zecke offensichtlich als geschützter Ort wahrgenommen und so stechen Zecken ebenso im Hüftbereich, wo die Hose aufliegt oder z.B. unter der Armbanduhr. Da die Wahl der Einstichstelle für das Überleben der Zecke von so hoher Bedeutung ist, sticht diese nicht sofort zu, wenn sie auf der Haut angelangt ist. Vielmehr läuft sie auch für längere Zeit auf dem Körper umher um eine passende Stichstelle zu finden. Dies kann bis zu einer Stunde oder länger dauern [3].

Relevanz als Krankheitsüberträger

Der Gemeine Holzbock ist der Wirt für verschiedene bakterielle und virale Erreger. Wichtig zu nennen sind hierbei FSME-Viren und Borrelia burgdorferi, der Erreger der Lyme-Borreliose. Schon im 5.300 Jahre alten “Ötzi” konnten Gensequenzen, die ∼60% des Genoms von Borrelia burgdorferi entsprechen, nachgewiesen werden. Dies deutet auf den frühesten menschlichen Fall einer Infektion mit dem Erreger der Lyme-Borreliose hin [4].

Die Erreger zirkulieren zwischen den Schildzecken und ihren Wirten. Rehwild und Rotwild sind für die Aufrechterhaltung signifikanter Zeckenpopulationen bedeutend, erkranken aber selbst nicht. Die durchschnittliche Erregerprävalenz ist bei adulten Zecken (16,8%) höher als bei Nymphen (10,1%). In Deutschland wurden daneben auch das Tettnang- und das Eyach-Virus in dieser Zeckenart nachgewiesen. Die Liste der übertragenen bakteriellen Pathogene ist lang. Auch die meisten Rickettsienarten, wie Rickettsia conori, Rickettsia helvetica und Rickettsia raoultii wurden in der Holzbock-Zecke nachgewiesen. Auch andere zur Familie der Rickettsiaceae gehörende Bakterien wie Coxiella burneti und Anaplasma phagocytophilium werden durch die sie übertragen. Das phylogenetisch weiter entfernt stehende Bakterium Francisella tularensis als auch einzellige Organismen wie Babesia divergens und Babesia microti konnten nachgewiesen werden [1].

Zum Ixodes ricinus Komplex gehört auch die neu in Deutschland beschriebene Zeckenart Ixodes inopinatus. Die Möglichkeit der Übertragung von Krankheitserregern kann noch nicht abgeschätzt werden, da die Art erst 2014 beschrieben wurde und bis dahin als eine im Mittelmeerbecken vorkommende Form von Ixodes ricinus angesehen wurde. Eventuelle Beziehungen zu Krankheitserregern wurden demnach Ixodes ricinus zugeschrieben [2,56,7].

Quellen

[1] P. Hagedorn “Untersuchung von Zecken als Marker für die Gefährdung durch von ihnen übertragene Krankheiten”. PhD thesis, Freie Universität Berlin, Berlin, 2013.

[2] Mejlon, H., Jaenson, T. “Questing behaviour of Ixodes ricinus ticks (Acari: Ixodidae)." Exp Appl Acarol 21, 747–754, 1997.

[3] Robert Koch-Institut

[4] A. Keller, A. Graefen, M. Ball, M. Matzas, V. Boisguerin, F. Maixner, P. Leidinger, C. Backes, R. Khairat, M. Forster, B. Stade, A. Franke, J. Mayer, J. Spangler,S. McLaughlin, M. Shah, C. Lee, T. T. Harkins, A. Sartori, A. Moreno-Estrada, B. Henn,M. Sikora, O. Semino, J. Chiaroni, S. Rootsi, N. M. Myres, V. M. Cabrera, P. A. Under-hill, C. D. Bustamante, E. E. Vigl, M. Samadelli, G. Cipollini, J. Haas, H. Katus, B. D.O’Connor, M. R. Carlson, B. Meder, N. Blin, E. Meese, C. M. Pusch und A. Zink, “New insights into the Tyrolean Iceman’s origin and phenotype as inferred by whole-genome sequencing”, Nature Communications, vol. 3, p. 698, Jan. 2012.

[5] C. Frank, M. Faber, W. Hellenbrand, H. Wilking und K. Stark, “Wichtige, durch Vektoren übertragene Infektionskrankheiten beim Menschen in Deutschland: Epidemiologische Aspekte”, Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz,vol. 57, pp. 557–567, May 2014.

[6] Robert Koch-Institut

[7] Robert Koch-Institut