Hyalomma-Zecke (Hyalomma marginatum)

2018 berichtete die Universität Hohenheim über den Fund von Hyalomma-Zecken in Deutschland. Das große Interesse an dieser Zeckengattung rührt daher, dass sie als Vektor und Reservoir des Krim-Kongo-Virus, dem Erreger des Krim-Kongo-Hämorrhagischen Fiebers (CCHF), auftreten können. Bei den gefundenen Zecken konnte zum einen keine lokale Häufung in Deutschland festgestellt werden. Zum anderen bleibt es unbekannt, wie häufig diese Zecke bei ähnlicher Aufmerksamkeit in den Vorjahren gefunden worden wäre. Bei molekularbiologischen Untersuchungen an gefundenen Hyalomma-Zecken konnte der Erreger Rickettsia aeschlimanni nachgewiesen werden. Dieser gehört zur Gattung der Rickettsien, die Zeckenstichfieber auslösen. Das bereits erwähnte Krim-Kongo-Virus, als auch die bakteriellen Erreger Anaplasma phagocytophilum, Borrelia burgdorferi, Babesia spp. und Candidatus Neoehrlichia mikurensis konnten bei den gefundenen Zecken als auch in Amplifikationswirten nicht nachgewiesen werden. Hyalomma-Zecken können allerdings auch Vektoren anderer Viren und Bakterien sein (z.B.: Bhanja-, Togoto-, Dori- oder Batken-Virus und Coxiella burnetii). Die Gattung der Hyalomma-Zecken umfasst mindestens 27 Arten, die morphologisch schwer zu differenzieren sind. Die in Deutschland gefundenen Arten sind H. rufipes und H. marginatum. Beide parasitieren an Vögeln, was für eine Verschleppung der Zecken nach Deutschland durch Zugvögel spricht. Von diesen beiden Arten kann H. rufipes ab einer Temperatur von 15 °C Eier legen, die sich zu Larven entwickeln, was dazu führen könnte, dass sich H. rufipes in Deutschland etabliert. Je nach der Menge gesogenen Blutes legt H. rufipes bei jeder Eiablage bis zu 15.000 Eier. Die hohe Zahl von Nachkommen ist ein Faktor, der der Zecke die Eroberung eines neuen Lebensraumes erleichtern kann. Außerdem haben Hyalomma-Zecken bislang in Deutschland keine Fressfeinde, sie werden passiv durch Wirtstiere sehr weit verteilt und sind Generalisten in Bezug auf Umweltbedingungen. Es ist essenziell zu wissen, woher die in Deutschland eingeschleppten Hyalomma-Zecken stammen, da nur so bestimmt werden kann, welche Krankheitserreger potenziell von ihnen beherbergt werden [1-3].

Die Zeckengattung Hyalomma ist üblicherweise in Teilen Asiens und Afrikas sowie in einigen Regionen Südosteuropas verbreitet. Die Tiere sind etwa doppelt so groß wie Ixodes ricinus (der Gemeine Holzbock). Charakteristisch sind die gestreiften Beine, mit denen die Zecken schnell und aktiv auf ihre Wirte zukrabbeln können. Adulte Tiere der in beiden in Deutschland gefundenen Arten sind ab Temperaturen von etwa 12 °C aktiv, tiefere Temperaturen scheinen die Tiere jedoch nicht zwangsläufig zu behindern, wie Funde aus den Herbstmonaten zeigen. Man geht davon aus, dass Hyalomma-Larven oder –Nymphen mit Zugvögeln nach Deutschland gelangen. Adulte Hyalomma-Zecken können zwar Temperaturen bis -40 °C überdauern, Larven und Nymphen sterben bei tiefen Temperaturen jedoch eher ab. Es ist unklar, ob die im Winter überlebenden Tiere ausreichen, um langfristig eine eigene Population in Deutschland aufzubauen [4].

Relevanz als Krankheitsüberträger - CCHF

Das Krim-Kongo-Hämorrhagisches-Fieber (CCHF) ist eine hoch ansteckende Viruserkrankung. Es wird durch das CCHF-Virus, auch Krim-Kongo-Virus genannt, (CCHFV) verursacht. Dabei handelt es sich um ein segmentiertes, negativ-strängiges RNA-Virus, das zur Gattung Orthonairovirus aus der Familie der Bunyavirales gehört. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt vorrangig durch Zeckenstiche (Hauptüberträger ist die Hyalomma marginatum marginatum), aber auch durch den Kontakt mit Körperflüssigkeiten oder Geweben viremischer Patienten oder Tiere. Die Zecken können das Virus vom Wirt erwerben, häufiger aber sind sie durch Übertragung vom Muttertier auf seine Nachkommen und daraufhin von einem Stadium auf das nächste Stadium infiziert. Auch beim Saugakt von infizierten und nicht infizierten Zecken in unmittelbarer räumlicher Nähe am gleichen Wirt wird das Virus auf nicht infizierte Zecken direkt übertragen. Bei diesem Prozess, auch Co-Feeding genannt, gelangt das Virus auch wieder zu früheren Entwicklungsstadien (Larven, Nymphen). Die Zecken sind gleichzeitig Vektoren und Reservoir, während die Säugetiere ausschließlich als Verstärkerwirte dienen. Der Mensch ist ein Fehlwirt. Nutztiere wie Rinder, Schafe, Ziegen, Hasen und Schweine können sich mit dem CCHFV infizieren bleiben dabei aber asymptomatisch. Beim Menschen tritt CCHF typischerweise mit nicht-spezifischen, grippeähnliche Symptome auf. Plötzlicher Ausbruch von hohem Fieber, schweren Myalgien, Unwohlsein und gastrointestinalen Symptomen sind hierbei zu nennen. Häufige großflächige Blutungen können in späteren Stadien der Erkrankung auftreten und zu einer hohen Sterblichkeitsrate führen. CCHF ist verbreitet in weiten Teilen Afrikas und Asiens sowie in Südosteuropa und in Russland. Es gibt keinen zugelassenen Impfstoff oder eine antivirale Behandlung gegen CCHF-Infektionen, und die Behandlung setzt eine frühzeitige Bestätigung der Krankheit voraus. Nach den Dengue-Viren ist das CCHFV eines der am weitesten verbreiteten medizinisch wichtigen Arboviren. In Europa ist CCHF in Bulgarien seit den 1950er Jahren endemisch, und während des letzten Jahrzehnts sind CCHF-Ausbrüche und -Fälle in mehreren Ländern Südosteuropas, der Ukraine, der Türkei und den südwestlichen Regionen Russlands bekannt. Ein CCHF-Fall wurde im Juni 2008 zum ersten Mal in Griechenland gemeldet. In letzter Zeit wurden auch mehrere importierte Fälle gemeldet. Veränderungen der klimatischen Bedingungen könnten das Spektrum ihrer Zeckenvektoren erweitern und die Inzidenz der Krankheit erhöhen [5,6].

Die Türkei ist ein Beispiel für die Dynamik, die CCHF entwickeln kann. Dort wurden 2002 die ersten Fälle registriert. Seitdem sind fast 10.000 Personen daran erkrankt, wobei ein enger Kontakt zu Nutztieren einen Hauptrisikofaktor darstellt. Die Letalität erreichte in diesem Zeitraum fast 5 %. In Spanien gab es in den letzten Jahren durch Infektionen in Zentral-Spanien zwei Tote durch CCHF. Wie der Fund vollgesogener Zecken 2018 zeigt, ist davon auszugehen, dass Hyalomma-Zecken aufgrund der extremen Wetterbedingungen 2018 in großer Zahl geschlüpft sind. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit kann hier unterstützend wirken. Hyalomma-Zecken können nicht wie einheimische Zecken im Feld gesammelt werden, sondern nur bei Tieren, die von Zecken gestochen worden sind. Neben der Etablierung der Hyalomma-Zecken könnte sich theoretisch auch das Virus in Deutschland in einem enzootischen Kreislauf etablieren [1].

Geschichtlich interessant ist, dass bei Analysen von Leichengefäßen aus einem Grabhügel in der Nähe der Heuneburg, einem Hügelfort aus der frühen Eisenzeit (750-400 v. Chr.) im Südwesten Deutschlands, überraschenderweise Peptide des Krim-Kongo-Virus gefunden wurden. Das CCHFV war in dieser geographischen Region und in diesem Zeitraum bisher unbekannt. Es zeigt das erste Beispiel für eine virale Todesursache mindestens eines Individuums aus der Eisenzeit in West- und Mitteleuropa [7].

Quellen

[1] P. Hagedorn, "Fund von Zecken der Gattung Hyalomma in Deutschland", Epidemiologisches Bulletin, no. 7, pp. 70 –71, 2019.

[2] L. Chitimia-Dobler, S. Schaper, R. Rieß, K. Bitterwolf, D. Frangoulidis, M. Bestehorn,A. Springer, R. Oehme, M. Drehmann, A. Lindau, U. Mackenstedt, C. Strube, G. Dobler, “Imported Hyalomma ticks in Germany in 2018”, Parasites & Vectors, vol. 12,p. 134, Dec. 2019.

[3] L. Rumer, E. Graser, T. Hillebrand, T. Talaska, H. Dautel, O. Mediannikov, P. Roy-Chowdhury, O. Sheshukova, O. D. Mantke, M. Niedrig, “Rickettsia aeschlimannii in Hyalomma marginatum Ticks, Germany “, Emerging Infectious Diseases, vol. 17, pp. 325–326, Feb. 2011.

[4] Robert Koch-Institut

[5] C. Escadafal, S. Ölschläger, T. Avšič-Zupanc, A. Papa, J. Vanhomwegen, R. Wölfel, A. Mirazimi, A. Teichmann, O. Donoso-Mantke, M. Niedrig, “First International External Quality Assessment of Molecular Detection of Crimean-Congo Hemorrhagic Fever Virus”, PLoS Neglected Tropical Diseases, vol. 6, p. e1706, June 2012.